Eine Villa an der Riviera, ein neues Auto, ein Diamantring - jeder von uns wüsste, was er mit etwas mehr Geld machen würde. Zu viel zum Ausgeben zu haben, das wäre für niemanden wirklich ein Problem. Beim Staat sieht das anders aus, und Rumänien ist da ein gutes Beispiel. Sinnvollen Nachholbedarf gibt es, wohin man auch schaut, und Geld von der Europäischen Union eigentlich auch, aber es ist eben an einige Bedingungen geknüpft. Im Kern muss man erstens sehr genau nachweisen, was mit den Mitteln passiert, und zweitens stehen sie nicht unbegrenzt zur Verfügung. Die Regierung steht unter massivem Druck, das Geld, das ihr aus Brüssel zusteht, auch tatsächlich für nachhaltige Projekte abzurufen. Es geht um sehr viel Geld: Aus dem EU-Haushalt für den Zeitraum 2021 bis 2027 stehen dem Land nach Angaben des zuständigen Ministers Marcel Boloș nicht weniger als 46 Milliarden Euro zu. Doch obwohl die Finanzierung der verschiedenen Infrastrukturprojekte aus dem laufenden EU-Haushalt längst klar eingeplant sein müsste, hinkt Rumänien weit hinterher. Nicht einmal alle Mittel, die dem Land aus dem Finanzrahmen 2014 - 2020 zur Verfügung stehen, wurden ausgegeben. 7,5 Milliarden Euro müssen noch investiert werden, bevor auch die letzte von der Union eingeräumte Gnadenfrist von drei Jahren nach Abschluss der Haushaltsausführung abläuft.

Minister Boloș ist zu Recht besorgt. Rumänien müsse im laufenden Jahr noch 7,5 Milliarden Euro von der EU ausgeben, bisher seien es durchschnittlich fünf Milliarden pro Jahr gewesen, versuchte der Minister auf einer Fachkonferenz eine Perspektive aufzuzeigen. Premierminister Nicolae Ciucă hatte jedoch im März erklärt, man werde alles tun, um das Ziel von 90 Prozent der gesamten Zuweisungen aus Brüssel für die Jahre 2014 bis 2020 zu erreichen. Dann werde man sich mit den 46 Milliarden Euro für den aktuellen Haushaltsrahmen befassen, so der Regierungschef.

Die Regierung plant nun als Maßnahme zur Beschleunigung der Ausgaben von EU-Geld, den Kreis- und Kommunalverwaltungen, die kein Geld für den Eigenfinanzierungsanteil der Projekte haben, Geld aus Privatisierungserlösen zu geben. Die Rede ist von umgerechnet rund 200 Millionen Euro.

Am stärksten drängt aber der so genannte Nationale Aufbau-und Resilienzplan (PNRR), der für Rumänien fast 30 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen und Krediten vorsieht. Dieses Geld kann nur bis 2026 ausgegeben werden - und bisher ist noch nicht die gesamte Summe auf den Konten der Zentralbank BNR gelandet, denn Teilzahlungen gibt es nur, wenn die EU-Kommission feststellt, dass zuvor ausgehandelte Reformziele und Meilensteine erreicht wurden. Bisher wurde nur eine erste Teilzahlung überwiesen. Die zweite Teilzahlung wird derzeit noch geprüft, nachdem die Regierung das geänderte Gesetz über Warnungen und Ziele der Dekarbonisierung verbessert hat.

Und für die dritte Tranche muss die Regierung die wohl härteste Nuss knacken. Die von Brüssel geforderte Reform der nicht nachhaltigen Sonderpensionen für Beamte der Justiz, der Armee, der Polizei, aber auch für Piloten oder Diplomaten erweist sich als schier unlösbares Problem und die EU-Kommission zeigt nach den Worten von Minister Marcel Boloș faktisch keine Bereitschaft, hier einzulenken.

Alex Gröblacher