Was ist ADVANTAGE AUSTRIA?

ADVANTAGE AUSTRIA ist Österreichs Internationalisierungsagentur, die 1946 gegründet und mehrfach international ausgezeichnet wurde. Sie fungiert gleichzeitig auch als Handelsabteilung der österreichischen Botschaften. ADVANTAGE AUSTRIA betreibt derzeit über 100 Stützpunkte weltweit.

Das Bukarester Büro wurde vor 71 Jahren - am 1. Mai 1950 - eröffnet und war damit eines der ersten 5 Büros weltweit. Der erste Delegierte dieses Handelsbüros war Franz-Josef Popper, der aus Rumänien stammte. Seit 2016 bin ich als Leiter von ADVANTAGE AUSTRIA Bukarest für die Vertiefung der bereits hervorragenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen Österreich und Rumänien zuständig.

Wie steht es derzeit um die wirtschaftlichen Beziehungen? Hat Corona zu starken Einbußen geführt?

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Rumänien und Österreich bilden eine kontinuierliche Erfolgsgeschichte, die verständlicherweise auch immer wieder Dämpfer in Wirtschaftskrisen sah. Corona hat - nicht nur die österreichischen - Unternehmen vor enorme Herausforderungen gestellt, die aber gut gemeistert wurden und werden.

Letztendlich wird von der Krise nur eine kleinere „Delle“ in der Statistik bleiben: So gingen durch die Covid-Krise im Jahr 2020 die österreichischen Exporte nach Rumänien um vergleichsweise moderate 8,1 % zurück, die österreichische Nachfrage blieb aber nicht nur aufrecht, die Lieferungen aus Rumänien konnten sogar um 3,9 % zulegen!

Aber das scheint mittlerweile schon wieder Geschichte zu sein: Alleine in den ersten sechs Monaten des heurigen Jahres sind unsere Exporte nach Rumänien um 29,5 % gestiegen, die Importe sogar um 44,9 %! Das sind unsere besten Halbjahreswerte in unserer gemeinsamen Wirtschaftsgeschichte!

Daher wird voraussichtlich zum Jahresende 2021 ein neues bilaterales Rekordhandelsvolumen von rund EUR 4,5 Mrd. verzeichnet werden. Im bisherigen Rekordjahr 2018 brachten Rumänien und Österreich es gemeinsam auf immerhin knapp über EUR 4 Mrd.

Was liefert und was kauft Österreich?

Die österreichische Wirtschaft ist sehr breit gestreut und liefert in praktisch alle Marktsegmente. Bekannte Produkte und Marken wie etwa KTM Motorräder, Red Bull Energydrinks oder Swarovski-Kristalle sind aber nur die Spitze des Eisberges: Tatsächlich sind österreichische Unternehmen wahre „Hidden Champions“, mitunter Weltmarktführer, aber nur innerhalb eines kleinen spezialisierten Kreises bekannt. Dazu zählen etwa diverse Maschinen wie etwa Kunststoff- oder Baumaschinen, elektrische und elektronische Geräte, Spezialkunststoffe oder Kraftfahrzeugteile, um nur einige Beispiele zu nennen.

Wussten Sie, dass in Österreich auch ganze Autos gefertigt werden? Die Firma Magna in Steyr entwickelt und fertigt für eine Reihe der wichtigsten internationalen Automobilmarken, z. B. den BMW 5 oder den Mercedes G.

Nicht leicht sichtbar, aber dafür deutlich hörbar ist die seit 2018 eingesetzte Glocke in der Bukarester Kathedrale: Sie ist die größte freischwingende Kirchenglocke der Welt und wurde von einem über 400 Jahre alten Tiroler Traditionsunternehmen hergestellt.

Umgekehrt ist Österreich auch ein sehr wichtiger Markt für rumänische Produkte, die nicht selten auch durch österreichische Investitionen hergestellt werden. Gefragt sind elektrische Produkte wie Drähte, Kabel, Schalter, etc., diverse Maschinen, Bekleidung und Schuhe, und vieles mehr.

Sie erwähnen Investitionen – welche Rolle spielt Österreich als Investor?

Unser Land ist in Rumänien wirtschaftlich sehr stark vertreten. Wir sind stolz, dass wir gemäß Daten der Rumänischen Nationalbank mit etwas über EUR 10 Mrd. bzw. 11,4 % Anteil der zweitgrößte ausländische Investor in Rumänien sind. Wir liegen damit hinter Deutschland, aber vor wesentlich größeren Ländern wie Frankreich oder Italien. Wir wissen aber auch, dass die Re-Investitionen österreichischer Tochtergesellschaften in Rumänien noch deutlich mehr Volumen aufweisen, als die bereits angesprochenen EUR 10 Mrd. Faktisch ist Österreich daher ein sehr wichtiger ausländischer Investor, der in 8 Wirtschaftssektoren Marktführer ist und in weiteren 3 Sektoren unter den Top 3 liegt. Denken Sie nur an die folgenden Wirtschaftssektoren: Banken, Versicherungen, Öl und Gas, Logistik, Bau, Holzindustrie, Immobilienentwicklung und etwa Baumaterialien.

Rumänien ist aber auch sehr wichtig für Österreich: Aus der Sicht Österreichs ist Rumänien das sechstwichtigste Zielland österreichischer Auslandsinvestitionen.

Und wie profitiert RO von österreichischen Investitionen?

Österreichische Investoren schaffen in rund 1.500 aktiven Firmen über 100.000 direkte hochwertige Arbeitsplätze und sind eine der treibenden Kräfte hinter der wirtschaftlichen Entwicklung und des Fortschritts in Rumänien.

Österreichische Firmen arbeiten mit modernsten Technologien, wodurch sie die Produktivität erhöhen, Know-how weitergeben sowie hohe soziale und ökologische Standards setzen. Die laufenden Reinvestitionen sichern nicht nur unsere Position, sondern stärken die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Rumäniens.

Schauen Sie einmal in die Öl- und Gasindustrie: OMV-Petrom ist ein Paradebeispiel einer erfolgreichen Kooperation, ein vormals staatliches Unternehmen, welches sich unter privater Führung zum führenden Öl- und Gaskonzern in Ost- und Südosteuropa entwickelte. Seit dem Einstieg der OMV bei Petrom im Jahr 2004 wurden mehr als EUR 16 Mrd. in Rumänien investiert.Das Unternehmen beschäftigt ca. 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist mit EUR 32 Mrd. Beitrag an Steuern und Dividenden im Zeitraum 2005 - 2020 auch einer der wichtigsten Steuerzahler im Lande.

Das zeigt deutlich: Österreichische Unternehmen investieren in die langfristige Entwicklung Rumäniens und sind verlässliche Partner der rumänischen Wirtschaft.

Wo sehen Sie noch Potenzial für die weitere Entwicklung?

Der Ausbau der Verkehrs- und kommunalen Infrastruktur ist sicherlich auch für die nächsten Jahre ein Thema. Österreichische Unternehmen sind da bereits sehr gut aufgestellt und involviert und liefern gute und geschätzte Resultate in den laufenden Projekten.

Rumänien hat aber auch ein riesiges Potenzial in vielen Sektoren, das bisher nur ansatzweise genutzt wird. Chancen sehen wir z. B. in den Bereichen erneuerbare Energien, Umweltprojekte oder bei der systematischen Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus. Natürlich gibt es vereinzelt bereits einige durchaus interessante Initiativen, aber da gibt es noch viel zu tun. Viele rumänische Skigebiete könnten für internationale Skiläufer hoch interessant werden, wenn die beteiligten Akteure noch stärker an einem Strang ziehen. Österreich ist beim nachhaltigen Tourismus und Wintersport sicherlich eines der führenden Länder und wir werden dazu in näherer Zukunft verschiedene Events organisieren, bei denen österreichisches Know-how mit der rumänischen Nachfrage zusammentreffen wird.

Aber auch in bereits gut entwickelten Branchen bieten sich natürlich immer noch zahlreiche Chancen, z. B. im Automotive Bereich. Dazu organisieren wir im November einen „Austria Showcase“, bei dem wir österreichische High-Tech Unternehmen mit rumänischen Produzenten vernetzen.

Überlagernd aber liegt das größte Potenzial Rumäniens ganz klar in einer stärkeren Aktivierung des Produktivitätspotenzials. Dies würde viel im Bereich der verfügbaren Arbeitskräfte bewegen, die Profitabilität erhöhen und damit nicht nur für die internationale Wettbewerbsfähigkeit positiv sein, sondern auch für die Einkommen der Arbeitskräfte.

Was kann RO tun, um seine Entwicklung zu fördern?

Rumänien ist – trotz der derzeit weltweit herrschenden schwierigen und unberechenbaren Rahmenbedingungen - zweifelsohne eines der Länder mit dem größten wirtschaftlichen Potenzial in der EU. Es verfügt über reichliche Naturressourcen, einen diversifizierten Energiemix, eine strategisch interessante geopolitische Lage sowie eine hohe Anzahl gut ausgebildeter Arbeitskräfte und verzeichnete in den jüngeren Jahren hervorragende Wachstumsraten weit über dem EU-Durchschnitt und damit eine starke Konvergenztendenz.

Rumänien entwickelt sich im Vergleich zu den Boom-Jahren jetzt auch nachhaltiger und bleibt auch deshalb ein interessanter Investitionsstandort. Wir erleben nach wie vor ein reges Interesse am Markt: Neben mehreren Neueröffnungen, vor allem Erweiterungsinvestitionen und Niederlassungen in neuen geografischen Gebieten, interessierten sich zahlreiche Unternehmen mittel- und langfristig für potenzielle Neuinvestitionen.

Rumänien hat aber auch Luft nach oben, seinen Wirtschaftsstandort noch attraktiver zu gestalten. Wichtig ist die Reduzierung bürokratischer Hürden, die Einführung einer starken Fachkräfteausbildung und die Schaffung eines unternehmerfreundlichen Umfelds durch stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die Investoren eine langfristige Planung ermöglichen. Auch Vertrauen in die politische Stabilität sowie Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit politischer Entscheidungen sind von höchster Bedeutung, um Investoren anzuziehen und zu binden.