Mit einer deutschen Mentalität, die nicht nur auf Leistung ausgerichtet ist, sondern insbesondere auf Menschen basiert, bescheiden, aber gleichzeitig entschlossen. Das ist Marco Hößl, CEO von Kaufland Rumänien und der Republik Moldau, Leader eines starken Teams von mehr als 15.000 Mitarbeitern.
Während Marcos Amtszeit hat sich Kaufland Rumänien - die Nummer 1 auf dem lokalen Einzelhandelsmarkt - zur führenden SB-Warenhauskette entwickelt, die eine Umsatzmarke von 2 Milliarden Euro überschritten hat und somit zu einem der einzigen drei Unternehmen gehört, die dieses Entwicklungsstadium in Rumänien erreicht haben.
Marco verfügt über eine Vision, die Nachhaltigkeit als festen Bestandteil des Geschäftsmodells fördert. Dieser Ansatz brachte dem gesamten Team drei Jahre in Folge den Titel als „das nachhaltigste Unternehmen in Rumänien” (CSR Index) ein.
Er begann seine Karriere in unterschiedlichen Positionen im Einzelhandel, vor mehr als 15 Jahren mit Aufgaben sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Er spricht Rumänisch und empfindet Rumänien als sein zweites Zuhause.
„Wenn Fehler passieren, schaue ich zuerst in den Spiegel. Wenn wir jedoch erfolgreich sind, schaue ich aus dem Fenster und weiß, dass es der Verdienst meines Teams war", so Marco.
Der Terminkalender des Leaders - der Nummer 1 im Einzelhandel ist jeden Tag voller verschiedenster Herausforderungen, alle in einem rasanten Tempo zu bewältigen und dieses Jahr war keine Ausnahme.
Mit 15 Jahren Erfahrung auf dem rumänischen Markt ist Kaufland Marktführer im Einzelhandel und einer der größten Arbeitgeber im privaten Sektor. Was war die Antwort des Unternehmens auf die durch die Pandemie ausgelöste Krise, um Gesellschaft und Geschäftsumfeld zu unterstützen?
Die Pandemie hat uns allen mehrere Lektionen erteilt.
Für uns war es in erster Linie ein Belastungstest: Sind wir gut genug vorbereitet, um uns über Nacht anzupassen und dann an jedem neuen Tag wieder von vorne anzufangen? Dabei war wirklich sehr wichtig und hat uns geholfen, dass wir an ein so schnelles Tempo im Einzelhandel gewöhnt sind und über ein ausgezeichnetes Team verfügen. Manche merken erst in solchen Momenten, wie wichtig es ist, gute Leute an ihrer Seite zu haben.
Freunde in der Not wäre ein passender Ausdruck hierfür und daher war die Pandemie auch ein Test von Einsatzbereitschaft: Sind wir gut genug vorbereitet, um nicht nur für uns selbst zu sorgen, sondern vor allem in solchen Momenten zu beweisen, dass unsere Aufgabe auch darin besteht anderen Menschen zur Seite zu stehen?
Ein Unternehmen muss seine Rolle nicht nur innerhalb des eigenen Geschäftsmodells, sondern auch innerhalb der Gesellschaft wahrnehmen. Wir haben eine größere Bedeutung und Wirkung im Leben unserer Kunden, als wir denken.
Das hat die Pandemie uns allen erneut bestätigt. Unternehmen sind stark, wenn sie nicht nur auf sich selbst ausgerichtet sind und können in schwierigen Zeiten für alle in ihrem Umfeld eine Stütze sein.
Die Welt hat sich verändert: Da gibt es Mitarbeiter, die einen brauchen und Kunden, die sich darauf verlassen, dass man alles in Bewegung setzt, damit die Filialen sicher, geöffnet und ohne leere Regale bleiben. Dann gibt es plötzlich Risikogruppen von schutzbedürftigen Menschen, älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen und Ärzte die Helden sind. Es zeigt ein Bild von kleinen Lieferanten, mit denen wir jeden Tag zusammenarbeiten und die Engpässe oder Krisen nicht einfach überwinden können. Es gibt die Regierung, von deren Sorgen vielleicht momentan Niemand Notiz nimmt.
Wir sind allen gemeinsam zur Seite gestanden. Unseren Mitarbeitern mit schnellem Handeln, prompter Unterstützung, sofortiger Aufklärungsarbeit und hohen Sicherheitsstandards, sowie der monetären Anerkennung ihrer außerordentlichen Leistung.
Der Gesellschaft mit vielen unterschiedlichen und zahlreichen Soforthilfen, um die durch Covid-19 verursachten negativen Auswirkungen einzudämmen. Weil eben mehr nötig ist, als nur einzelne Gesten, haben wir nicht bei den ersten Spenden aufgehört und bisher über 2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Unseren Partnern in Bedrängnis, kleinen und mittleren Lieferanten, die wir innerhalb von 3 bis 7 Tagen und somit viel schneller als vereinbart, bezahlt haben.
Den Staat, an den wir alle Steuern im Voraus überwiesen haben, um das Gleichgewicht von Staatshaushalt und Wirtschaft wiederherzustellen.
Den Kunden, durch Ehrlichkeit und Vertrauen, was fortlaufend aufgebaut wurde, insbesondere durch Sofortmaßnahmen, höchste Hygiene- und Sicherheitsstandards, sowie durch zusätzliche Aufklärungskampagnen. Durch die schnelle Einführung neuer Serviceleistungen konnten die digitalen Vertriebskanäle für Heimlieferungen in mehreren Städten, aber auch in ländlichen Regionen, sowie durch ein spezielles Programm mit kostenloser Lieferung nach Hause für benachteiligte Menschen, erweitert werden.
Ich glaube, dass der Einzelhandel immer tiefere Bedeutung in einem Bereich bekommt, in dem es nicht mehr nur um die reine Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Filiale gehen darf. Einzelhandel ist eine aktive Beziehung und Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt, bedeutet in gleichem Maße sowohl unternehmerische als auch menschliche Entscheidungen zu treffen.
Ich denke, dass wir von nun an einen kontinuierlichen Veränderungsprozess von Unternehmen beobachten können, die verstehen werden, dass sie ein Vorbild sind oder sein können, eine wahre Säule zur Unterstützung der Gesellschaft und der Wirtschaft.
Welche Maßnahmen haben Sie eingeführt, um den Betrieb sicher fortzusetzen?
Sicherheit ist nicht teuer - sie ist von unschätzbarem Wert und ein deutsches Sprichwort, das mir ans Herz gewachsen ist, lautet: „Ein wenig später kann viel zu spät sein”.
Entscheidend war daher, dass die Sicherheitsmaßnahmen schnell umgesetzt und situativ im Laufe der Entwicklung ergänzt wurden. In solchen Momenten macht die Geschwindigkeit des Handelns nicht nur einen Unterschied, sondern kann manchmal sogar Leben retten.
Die getroffenen Maßnahmen sind auf Filialebene sehr hoch. Zusätzlich zu dem, was in den Filialen offen zu sehen ist – Desinfektionsstationen, häufige Reinigungsintervalle, Abstandsmarkierungen, Plexiglasschutz an den Kassen und Schutzausrüstung der Mitarbeiter –war die Aufklärung von Kunden und Mitarbeitern hinsichtlich ihrer Verantwortung, auf sich und auf die Mitmenschen aufzupassen, eine Maßnahme, die wir sehr ernst genommen haben.
Sicherheit bedeutet auch, den Kunden das Gefühl zu vermitteln, dass alles in Ordnung ist und wir alles unter Kontrolle haben, einfach dass wir für sie da sind. Deshalb haben wir von Anfang an verstanden, dass unsere Rolle mehr bedeutet, als die Versorgung der Bevölkerung in jedem Szenario sicherzustellen. Deshalb haben alle Abteilungen unermüdlich daran gearbeitet, Lösungen für alle erdenklichen Fälle vorzubereiten und sichere Filialflächen bereitzustellen.
Wie hat sich der Umsatz des Unternehmens im laufenden Geschäftsjahr entwickelt und wie lauten die Prognosen für 2021?
2020 ist ein Jahr mit rasantem Tempo, voller Herausforderungen, die wir nicht tagtäglich antreffen, aber auch ein Jahr, in dem wir mit besonderem Engagement und besonderer Hingabe gearbeitet haben, um nicht nur zu reagieren, sondern um ein Vorbild zu sein.
Wir machen Fortschritte in die richtige Richtung und haben dabei nicht gebremst – im Gegenteil, wir haben zum Beispiel das Online-Geschäft weiterentwickelt und die Eröffnung neuer Filialen vorgezogen, was uns bei unserem jährlichen Wachstum unterstützt.
Was sind die Entwicklungspläne auf dem lokalen Markt und welches Investitionsbudget werden Sie für den Ausbau des Filialnetzes bereitstellen?
Wir werden weiterhin in Rumänien investieren.
Für den Ausbau des Filialnetzes, neue technische Standards und Modernisierungen haben wir das Investitionsvolumen gegenüber dem Vorjahr auf 300 Millionen Euro verdoppelt.
2020 bedeutet in unseren Plänen auch ein beschleunigtes Expansionstempo, dass die Eröffnung von mindestens zehn neuen Filialen zum Ziel hat. Es ist eine Maßgabe, die für jedes der folgenden Jahre Gültigkeit hat.
Im Sommer haben Sie die Absicht bekannt gegeben, bis Anfang nächsten Jahres 1.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wie läuft der Rekrutierungsprozess und wie viele Mitarbeiter haben Sie derzeit?
Kaufland besteht aus einem großen Team und für mich bedeutet es eine zweite Familie. Eine große nebenbei bemerkt! Wir sind ein Team von rund 15.000 Kollegen, auf die ich sehr stolz bin und die in dieser schwierigen Zeit für uns alle außerordentliches Engagement bewiesen haben. Meine Kollegen sind die wahren Helden.
Wir stellen ständig Mitarbeiter ein, da wir uns fortlaufend entwickeln. Derzeit läuft bei uns ein Projekt, bei dem wir 500 Menschen mit Behinderungen eine Chance geben wollen.
Kaufland ist ein guter Ort, um sich zu entwickeln. Viele Unternehmen sind nur auf der Suche nach Effizienz und Ergebnissen, aber Inspiration und ständige Weiterentwicklung sind das, was wir auch im Blick behalten müssen, damit wir unserem Team eine echte Hilfe sind und es unterstützen können, damit wir durch unsere tägliche Arbeit weiterhin gemeinsam etwas Wertvolles leisten können. „Der, der aufgehört hat besser zu sein, hat aufgehört gut zu sein.“
Seit 5 Jahren leiten Sie Kauflands Betrieb in Rumänien. Was waren die wichtigsten Momente Ihrer Amtszeit?
Für mich sind die wichtigsten Momente diejenigen, in denen es uns durch unsere Projekte gelingt, einen Unterschied im Leben der Menschen zu bewirken. Das bedeutet, mehr als ein Geschäft zu betreiben, mehr als Arbeitsplätze zu schaffen, mehr als Steuern zu zahlen. Es geht darum, ein guter Nachbar und ein stabiler Rückhalt zu sein, auf den sich die Menschen um uns herum verlassen können.
Wenn wir das erreichen, bin ich sehr stolz auf das, was wir hier alle zusammen Tag für Tag leisten.
Persönlich, liegen mir alle Nachhaltigkeitsprojekte, die in den letzten Jahren gestartet wurden, sehr am Herzen. Viele von ihnen sind Trendsetter. Wir haben es geschafft, das klassische Geschäftskonzept neu aufzusetzen. Nun ist Kaufland ein Ort, an dem man verantwortungsbewusst handeln kann: Man recycelt unkompliziert, man erlernt einen nachhaltigen Lebensstil und erhält Unterstützung hierfür. In einem von Plastik und Umweltverschmutzung gezeichneten Umfeld ist es nicht einfach, nachhaltige Lösungen anzubieten, aber ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen werden und in den vergangenen 3 Jahren haben wir diesbezüglich viele bemerkenswerte Ergebnisse verzeichnet.
Als ich bemerkt habe, dass meine Kollegen mich nicht angerufen haben, als ich ein paar Tage lang im Urlaub war, war das ein schöner Moment, denn er bedeutet, dass mein Team eigenständig und unabhängig arbeitet und gibt mir das Gefühl ein guter Manager zu sein.
Ich freue mich, wenn meine Kollegen neue, eigene Ideen entwickeln und die Verantwortung für diese übernehmen. Bei Kaufland pflegen wir eine offene Fehlerkultur. Jeder hat die Freiheit innovativ zu sein und sich und das Unternehmen voranzubringen. Fehler haben dabei die Macht, einen weiterzuentwickeln. Wenn dies jedem bewusst wird, bedeutet das, dass wir uns tatsächlich weiterentwickeln.
Wie sieht ein gewöhnlicher „Büroarbeitstag” im aktuellen Kontext aus? Wie verbringen Sie Ihre Freizeit am Ende des Arbeitstages, was sind Ihre Hobbys und Passionen?
Obwohl ich das nicht geglaubt hätte, hat uns diese Zeit etwas Neues über uns selbst beigebracht, nämlich dass wir stärker sind als wir denken. Wir können uns an alle möglichen neuen Bedingungen anpassen. Ich denke, jeder von uns ist mit dem ausgestattet, was nötig ist, um alles gut zu überstehen, aber einige von uns wissen das noch nicht.
Für mich ist die Arbeit genauso dynamisch wie zuvor und ich habe einen konstanten Zeitplan. Ich verwende Techniken wie die „Power Hour” oder „Mindfulness Business” und beginne jeden Tag um 6 Uhr morgens mit 25 Minuten Meditation. Disziplin und Routine sind sehr wichtig. Unabhängig davon wie unser Tag aussieht, glaube ich, dass die Inspirationsquellen, die wir in Hingabe, Lesen, Sport oder Gesprächen mit anderen wiederfinden, nicht fehlen sollten. Sie motivieren uns und lassen aus uns eine Energiequelle für die Menschen um uns herum entstehen. Meine Familie steht dabei immer im Mittelpunkt: meine Frau und unsere zwei Töchter, mit denen ich gemeinsam versuche, die Welt durch ihre Augen wiederzuentdecken.
Ein Interview von Ioan Dornescu