Die eigene wirtschaftliche Lage der deutschen Unternehmen in Rumänien hat sich im Herbst eingetrübt, auch in die Zukunft blicken die meisten pessimistisch, so die Ergebnisse einer Umfrage der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer (AHK Rumänien) vom Oktober 2023. Grund dafür ist die Unsicherheit durch geopolitische Risiken, weniger Nachfrage aufgrund hoher Inflationsraten und Zinsniveaus sowie die anhaltend schwierige Fachkräftesituation als auch die Entwicklung der Arbeitskosten.
Die Umfrage bewertet sowohl die konjunkturelle Lage als auch die Geschäftslage der Unternehmen und bietet einen Überblick über die wichtigsten wirtschaftlichen Risikofaktoren aus Sicht der Unternehmen. Auch werden die Faktoren genannt, die bei einer Investitionsentscheidung wichtig sind.
So erwarten nur 17,1% der befragten Unternehmen, dass sich die konjunkturelle Entwicklung vor Ort in den nächsten 12 Monaten verbessern wird, im Frühjahr waren es noch knapp 22%, während 38% glauben, dass diese unverändert bleibt. Die Mehrheit aber (44,7%) glaubt, dass sich die konjunkturelle Lage verschlechtern wird (Frühjahr 2023: 26%).
Was die eigenen Geschäftserwartungen betrifft, so meinen die meisten Unternehmen (46,1%), dass ihre Geschäftstätigkeit unverändert bleibt, während 17,7% davon ausgehen, dass sich ihre Geschäfte in den kommenden Monaten verschlechtern werden (Frühjahr 2023: 15,9%). Die Zahl derer, die mit einer Verbesserung der eigenen Geschäftslage rechnen, ist zurückgegangen: nur noch 34,2% (Frühjahr 2023: 46,2%) der Unternehmen sind optimistisch geblieben.
Das alles führt zu einem deutlichen Nachlassen der Investitionsbereitschaft sowie der Bereitschaft, neue Mitarbeiter einzustellen. Mehr als 30% der Befragten geben an, dass sie weniger investieren werden (Frühjahr: 24,4%). Das Investitionsvolumen bleibt bei weiteren 38,2% unverändert, während 6,6% keine Investitionen für die nächsten 12 Monate planen. Nur noch ein Viertel der Befragten will die Investitionen vor Ort erhöhen (Frühjahr 2023: 39,7%). Wichtig ist auch zu sehen, in welchen Bereichen Unternehmen in Rumänien Investitionen in nennenswertem Maße tätigen und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. Die meisten (47,7%), die daran denken, zu investieren, planen Investitionen in Produktion und Fertigung sowie Vertrieb und Vermarktung. Für 22,3% kommen auch Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung in Frage. Dabei sind Marktgröße und Kundennähe die wichtigsten Faktoren, die zu Grunde gelegt werden. Rumänien mit seinen 19 Mio. Einwohnern, der Zugehörigkeit zur EU-Familie und der Nähe an Westeuropa bleibt eine gute Option für deutsche Investoren. Die Zahl der Beschäftigten bleibt in den meisten Unternehmen konstant (Herbst 2023: 57,3%, Frühjahr 2023: 42,4%), jedoch fällt die Absicht, neu einzustellen, deutlich (Herbst 2023: 26,7%, Frühjahr 2023: 41,7%).
Als größte Risiken sehen die deutschen Unternehmen in Rumänien die geringe Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen (63%) und den Fachkräftemangel (61%), aber auch die Entwicklung der Arbeitskosten (51%) und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (43%) bereiten den Befragten Sorgen.
Neben den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten konnten die Unternehmen als freien Text weitere Faktoren nennen, die für sie bei Investitionen vor Ort eine entscheidende Rolle spielen. Dabei erwähnen sie mangelnde Vorhersehbarkeit durch kurzfristige Gesetzesänderungen, wie Änderungen des Steuerrechts, die internationale wirtschaftliche sowie die geopolitische Lage und die Nachfrage ihrer Kunden, die stark zurückgegangen ist. „Trotz aller Herausforderungen und Risiken sind die Perspektiven für deutsche Unternehmen in Rumänien sowie für die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen weiterhin gut und ich denke, dass Rumänien neue Investitionen anziehen wird. Dafür ist, wie die Ergebnisse dieser Umfrage ein weiteres Mal zeigen, ein wirtschaftsfreundliches, wettbewerbsfähiges und vor allem vorhersehbares Wirtschaftsumfeld notwendig", so Sebastian Metz, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der AHK Rumänien.
Die Ergebnisse der von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) koordinierten weltweiten Umfrage, die unter mehr als 3.600 im Ausland tätigen deutschen Unternehmen sowie Unternehmen mit engem Deutschlandbezug durchgeführt wurde, zeigen, dass global gesehen kein kraftvoller Aufschwung in Sicht ist, da im Laufe des Jahres die Dynamik in der Weltwirtschaft nachgelassen hat. Die deutschen Unternehmen blicken im Herbst 2023 dementsprechend weniger optimistisch auf die wirtschaftliche Entwicklung an ihren internationalen Standorten als noch im Frühjahr. In Europa sind die Erwartungen für die wirtschaftliche Entwicklung negativ und verschlechtern sich gegenüber der Vorumfrage teilweise deutlich. Eine geringe Nachfrage wird mit 46% aktuell weltweit als größtes Geschäftsrisiko eingeschätzt, gefolgt von Wirtschaftspolitik (42%) und Fachkräftemangel (37%). „Die ausgeprägte Nachfrageschwäche Chinas sowie geopolitische Risiken schlagen negativ auf die Geschäfte der global agierenden deutschen Unternehmen durch”, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Die kompletten Ergebnisse des AHK World Business Outlooks finden Sie hier.
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Die Umfrage „AHK World Business Outlook” wurde im Zeitraum 25. September - 20. Oktober 2023 durchgeführt. Der am 7. Oktober entfachte Nahost-Konflikt hat sich im Umfragezeitraum nicht signifikant auf die Erwartungen der Unternehmen ausgewirkt. Aus Rumänien nahmen 76 Unternehmen teil, davon sind mehr als die Hälfte (54%) in der Industrie und im Baugewerbe tätig, 30% im Dienstleistungssektor und 16% sind Handelsunternehmen.
Über die AHK Rumänien (Deutsch-Rumänische Industrie- und Handelskammer)
Die im September 2002 gegründete AHK Rumänien ist die offizielle Vertretung der deutschen Wirtschaft in Rumänien und zählt über 620 Mitgliedsunternehmen. Mit ihrem Leistungsangebot und ihren Veranstaltungen unterstützt sie deutsche Firmen bei ihrem Markteintritt in Rumänien und ist zugleich ein vertrauensvoller Partner für rumänische Unternehmen mit Interesse am deutschen Markt. Seit dem 1. Januar 2020 ist die AHK Rumänien ebenfalls offiziell im Rahmen der deutschen Außenwirtschaftsförderung für die Republik Moldau zuständig.