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Faire Bezahlung, bessere Ausbildung

Der chronische Fachkräftemangel wird zum echten Standortproblem für Rumänien. Der deutsche Automobilkonzern Daimler soll sich anscheinend bei dem Entschluss, sein neues Motorenwerk in Polen statt in Rumänien zu bauen, auch an der jeweiligen Lage in der beruflichen Aus- und Fortbildung orientiert haben. Gleich nach der Ankündigung Anfang Mai griff das Kommentariat deshalb wieder zum üblichen Bashing: der Staat tue nichts für die Verbesserung der Situation im Bildungssektor, deshalb entgingen Rumänien Milliardensummen aus Investitionen und Umsätzen westlicher Konzerne, die gerne hier einsteigen würden – fänden sie ausreichend ausgebildetes Personal.

Das mag stimmen.

Was in der Diskussion oft vergessen wird, ist dass der Staat auf dem eng verzahnten Bildungs- und Arbeitsmarkt nicht der einzige relevante Akteur ist. In der Tat hat Rumänien durch die Abschaffung der Berufsschulen einen gravierenden Fehler gemacht. Doch fehlende Ausbildungsplätze sind nicht immer das Problem. Die heute von vielen gelobten und geforderten Berufsschulen hatten vor der Abschaffung kein gerade astreines Image und wurden von Schülern gemieden. Und wer wirklich einen Beruf erlernen will, kann es auch jetzt tun – private Anbieter in der Aus- und Fortbildung gibt es genug; Unternehmen und Behörden arbeiten auch immer besser zusammen, um Ausbildungsangebote (auch für Arbeitslose) besser auf die Bedürfnisse der Wirtschaft abzustimmen. Das duale System nimmt auch in Rumänien konkrete Form an. Trotzdem klagen Firmen aber immer mehr über fehlende qualifizierte Arbeitskräfte.

Experten sprechen von einem klassischen Mismatch – Firmen wollen zwar einstellen, finden aber keine Leute. Es gibt ganz einfach nicht genug junge (und auch weniger junge) Menschen, die sich für eine Ausbildung interessieren.

Einer der Gründe liegt auf der Hand: Der Aufwand lohnt sich aus der Sicht der Arbeitnehmer meistens nicht. Selbst wenn sie eine abgeschlossene Ausbildung haben und eine Beschäftigung bei einem renommierten Arbeitgeber finden, fällt der Einstiegslohn zu gering aus. In vielen Betrieben verdienen Facharbeiter im Verhältnis zu den Lebenskosten zu wenig. Im Maschinenbau lag nach Berechnungen der Statistik das durchschnittliche Gehalt bei umgerechnet knapp über 400 Euro netto, für junge Berufseinsteiger würden es aber deutlich weniger sein. Aus der Perspektive vieler junger Menschen ist es günstiger, ins Ausland zu gehen, wo selbst ein ungelernter Arbeiter mehr verdient.

Arbeitgeber berufen sich hingegen auf eine geringere Produktivität und zu hohe Lohnnebenkosten, die sie daran hindern, Beschäftigte großzügiger zu bezahlen. Freiräume bestehen aber: Nach Berechnungen der Friedrich Ebert Stiftung in Rumänien, kamen in 2014 die Löhne auf einen Anteil von etwa 30 Prozent an der Wirtschaftsleistung – in der EU ist es durchschnittlich fast das Doppelte.

Bisher sind für die Überwindung der Engpässe am Arbeitsmarkt viele Rezepte ausprobiert worden. Vielleicht aber wirken faire Löhne am ehesten.

von Alex Gröblacher

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