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Interkulturelle Unterschiede zwischen Deutschen und Rumänen (Teil 1)

Interkulturelle Unterschiede spielen seit ewigen Zeiten im internationalen Handel eine große Rolle und verdienen Beachtung. Wenn ein Manager aus dem Ausland heute nach Rumänien entsandt wird, beginnt er in der Regel seinen Job ohne Vorkenntnisse des Gastlandes. Nur wenige werden kulturell auf ihren Einsatz vorbereitet. Kenntnisse dieser Art helfen Ihnen, im Gastland besser zurecht zu kommen und Fehler zu vermeiden, die von großer Tragweite sein können. So kann ein Deutscher, der die Bedeutung der Hierarchie in Rumänien unterschätzt, böse Überraschungen erleben; wenn seine Mitarbeiter in der Sitzung nichts sagen und alle nicken, heisst das noch lange nicht, dass das Team wirklich einverstanden ist. Man ist es nur hier nicht gewohnt, offen seine Meinung zu sagen und gfs auch einmal dem Chef zu widersprechen. Interkulturelle Unterschiede haben übrigens nichts mit einer Kategorisierung in besser oder schlechter zu tun; es geht darum, die Andersartigkeit zu erkennen und die Beobachtungsgabe zu trainieren. Wir versuchen auch keine Vorurteile zu bedienen. Sehen Sie die Ausführungen daher als Anregung für Ihre eigene Überprüfung im beruflichen Alltag.

Der Holländer Geert Hofstede hat in der 70ger Jahren die ersten umfangreichen Studien zu kulturellen Unterschieden vorgelegt. Er entwickelte 4 Dimensionen, anhand derer sich Kulturen voneinander unterscheiden. Als Mitarbeiter von IBM konnte er damals international über 100.000 Mitarbeiter befragen und seine Thesen validieren. In der Zwischenzeit sind weitere Forschungsarbeiten zu diesem Thema erschienen. Ich beziehe mich im Folgenden hauptsächlich auf die Arbeit von Erin Meyer, der insgesamt 8 Dimensionen kultureller Unterschiede identifizieren konnte. Wir können sie auch dazu verwenden, unsere beiden Länder besser zu verstehen. Schauen wir uns die ersten vier Dimensionen einmal genauer an. In der nächsten Ausgabe werden wir dann die übrigen Dimensionen behandeln.

1. Low context versus high context

Menschen die in einer low context Kultur leben, sind es gewohnt, explizit zu kommunizieren, präzise zu sein und Transparenz herzustellen, so dass alle über den gleichen Informationsstand verfügen. Wenn nötig, wird die Information noch einmal wiederholt oder präzisiert, damit keine Missverständnisse entstehen. Klarheit steht im Mittelpunkt. In einer high context Kultur gibt es verschiedene Ebenen, Interpretationsmöglichkeiten und Zweideutigkeiten. Vieles muss man zwischen den Zeilen lesen. Informationen sind auch nicht immer sichtbar verfügbar, sondern befinden sich in den Netzwerken selbst. Hier steht mitunter das rhetorische Geschick und die Wortgewandtheit im Mittelpunkt, eigentlich eher eine interessante Geschichte, die erzählt wird. Wenn ich die deutsche und rumänische Kultur betrachte, finde ich diese Unterschiede recht deutlich wieder. Die Deutschen bemühen sich stets um Klarheit, dass alle Fakten auf den Tisch kommen und damit wenig unklar bleibt. Vorgänge sind transparent. In Rumänien haben wir wohl doch eher high context. Infomationen sind nicht so ohne weiteres verfügbar, es muss nachgefragt werden, Klarheit wird mitunter nicht immer gewünscht oder ist nicht so wichtig. Präzise Informationsbedürftnisse werden nicht so offen ausgesprochen wie in einem deutschen Umfeld. Man redet gerne, aber das dient manchmal eher der Unklarheit als der Klarheit aus deutscher Sicht. Versuchen Sie einmal in Bukarest, eine Hausnummer zu finden oder sich nur auf die Hinweisschilder im Strassenverkehr zu verlassen, sehr schnell sind sie dann verloren. Wird der Türcode am Eingang Ihres Wohnblocks geändert, sind wir es aus Deutschland gewohnt, darüber rechtzeitig informiert zu werden, am besten noch durch einen Aushang, der für alle sichtbar ist. In Rumänien kommt es oft vor, dass Sie eines Tages vor verschlossener Tür stehen und sich selbst die Information holen müssen.

2. Direktes versus indirektes Feed back

In der Firma gibt es immer reichlich Gelegenheit für feed back und Meinungsaustausch. Dies ist kein leichtes Unterfangen, sind wir doch fundamental unterschiedlich gestrickt. Aus der deutschen Kultur kennen wir die Sprichwörter: „das Kind beim Namen nennen” oder: „besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende”. Dies zeigt schon ganz gut, worauf es hier ankommt. Wir wollen wissen, woran wir sind, was Sache ist. Das kann man jedoch nur, wenn offen und direkt gesprochen wird. Für Deutsche ist es kein Problem, sich die Meinung zu sagen, feed back zu geben, auch auf die Gefahr hin, einen Konflikt zu erzeugen. In Rumänien ist das anders, hier gilt die Devise: „das Gesicht wahren”. Kritisiert wird zwar abends beim Bier aber nicht von Angesicht zu Angesicht im Büro, da wird es oft indirekter, Nachrichten werden verpackt und auf diese Weise in leicht verdaulichen Häppchen präsentiert. Wie oft habe ich die typische Situation erlebt, dass ein deutscher Manager offen kritisiert und der rumänische Kollege dann beleidigt ist und sich zurückzieht, vielleicht sogar Angst hat, entlassen zu werden. Er empfindet eine direkte Art, die für Deutsche normal ist, oftmals als sehr unhöflich und respektlos.

3. Prinzipien oder praktische Anwendungen zuerst?

Hierbei geht es darum, wie ich mein Gegenüber am besten überzeugen kann. Wir Deutschen lieben Konzepte, übrigens genau wie die Franzosen. Wir wollen erst erkennen, was die Grundlagen der sich anschließenden Argumentation oder Präsentation sind; was ist die Theorie, die Hypothese, die Philosophie, die dem Ansatz zugrunde liegt. Dem Deutschen ermöglicht diese Vorgehensweise, alles das, was im Anschluss gesagt wird, besser einzuordnen, nachzuvollziehen. Wenn dieses Bedürfnis nicht befriedigt wird, können Deutsche den ganzen Prozess blockieren und sind dann nicht mehr bereit, Ihnen zu folgen. Auf der anderen Seite gibt es Kulturen, die es gerne konkret haben wollen, Beispiele bringen, sogenannte bullet points in den Vordergrund stellen und nicht so sehr Konzepte und Strategien einbeziehen; hier finden wir die Amerikaner wieder. Rumänen scheinen es wohl auch gerne eher philosophisch zu mögen, es werden Geschichten erzählt und dabei wird es für die deutsche Seite oftmals nicht genügend konkret.

4. Egalitäre versus hierarchische Kulturen

In keiner Organisation kommen wir ohne Hierarchie aus. Nur welche Bedeutung die Hierarchie in verschiedenen Kulturen hat, ist sehr unterschiedlich. In der rumänischen Kultur gibt es großen Respekt vor der Hiearchie, der Chef wird oft mit „Dl Director” oder „Seful Mare” angesprochen, nicht selten sind sogar respektvolle Verbeugungen. Diese Kulturen lieben einen starken Chef, der alles entscheidet. Status ist wichtig, die Hierarchie ist rigide, die Distanz zwischen dem Chef und den Mitarbeitern relativ hoch. Bei wichtigen Verhandlungen muss der Chef immer persönlich erscheinen, tut er es nicht, ist das mitunter ein Affront für die andere Seite. Diese Art Hierarchie fördert nicht gerade die Selbstständigkeit der Mitarbeiter, sie zementiert die Macht des Chefs. Anderen Kulturen sind die Hierarchien flacher, der Chef ist ein Mitarbeiter wie jeder andere. Da darf auch mal dem Chef widersprochen werden, Mitarbeiter sind mehr intrinsisch motiviert und entscheiden vieles selbst. Delegation ist hier ein wichtiges Element. Da macht es auch nichts aus, wenn der Chef mit dem Fahrrad zur Arbeit kommt oder mit der Metro fährt; in Rumänien würde so eine Initiative nicht verstanden, kommt es doch hier mehr auf das passende Statussymbol wie ein großes Auto an.

Dr. Michael Schroeder

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