
INTERVIEW: Gabriel Tischer, FDGR/DFDR-Kandidat für den Vorsitz des Hermannstädter Kreisrats
Gabriel Tischer, ehemaliger Vizepräsident der Unternehmensgruppe Serviciile Comerciale Române (S.C.R.) und derzeitiger Vorsitzender des Verwaltungsrates des Internationalen Flughafens Sibiu, spricht in einem Interview mit dem DeBizz-Magazin über die Entscheidung, sich am Wahlkampf zu beteiligen, über die Projekte und Entwicklungsrichtungen des Kreises und die Rolle der Verwaltung bei der Förderung des Wirtschaftssektors.
Sie kandidieren bei den Herbstwahlen seitens des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (FDGR/DFDR) für das Amt des Vorsitzenden des Hermannstädter Kreisrats. Was hat Sie dazu veranlasst, sich in der Hermannstädter Verwaltung zu engagieren?
Ich bin in einen ungleichen Kampf eingestiegen, aber mit dem Bewusstsein, dass Menschen mit Fachwissen gebraucht werden, dass Dinge getan werden können, ohne ein Sklave der Selbstgefälligkeit, Autarkie oder der behördlichen Lügerei zu werden. Nach einer langen Zeit, in der ich den wirklichen Stand der Dinge in Sibiu und in den Orten des Landkreises durch Gespräche mit Spezialisten aus mehreren Bereichen genau recherchiert habe, und dies aus Sicht der Bedingungen meines eigenen Lebensumfelds beurteilen konnte, hat sich mir ein echtes Bild der Situation geboten. Vieles von dem, was ich bereits wusste, wurde mir bestätigt. Ich habe meine Beobachtungen erweitert auf die Situation in anderen Kreisen, und habe sie auch auf die Zeit bezogen, die ich in Österreich und Deutschland verbracht habe: Diese Zeit har mir auch eine europäische Perspektive für die Verwaltung gegeben.
Schlussfolgernd habe ich verstanden, dass es viel zu tun gibt und das es nicht unmöglich ist, wenn man gemeinsam mit Fachleuten Strategien entwickeln kann, und wenn man über die Motivation, die finanziellen Mittel sowie über Humanressourcen verfügt, die dazu fähig sind, die Strategien in die Praxis umzusetzen. Eine effiziente und realistische Art der Verwaltung, das ist es, was ich mir wünsche und was mich vorwärtstreibt. Was ich weiß, ist, dass es gemeinsame Ziele geben muss, welche die Führungskräfte, also diejenigen mit grundlegenden Bedürfnisse und diejenigen, die über die notwendige Ausbildung verfügen, an den Verhandlungstisch bringt, so wie es übrigens in den Erfolgsjahren der Iohannis-Bottesch-Verwaltung geschehen ist.
Wie wichtig ist die im privaten Umfeld gesammelte Management-Erfahrung zur erfolgreichen Erfüllung der Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der Leitung des Kreises?
Sehr wichtig. Eine Firma oder ein Konzern funktioniert aufgrund derselben Grundsätze und Werte, aufgrund deren auch eine Verwaltungsstruktur funktionieren sollte: Professionalität, ständiger Dialog und Fokus auf effiziente Lösungen, Motivation und entsprechende Belohnung, Atmosphäre von partizipativer Arbeit, Werte-Wettbewerb und Emulation. Dies sind einige der Ideen, mithilfe deren ich meine Arbeit immer organisiert habe, und die Tatsache, dass ich Erfolg hatte, ist auf das Vertrauen zurückzuführen, das meine Mitarbeiter in mich und in meine Art, Geschäft zu verwalten, haben. Im Laufe der Zeit habe ich erkannt, dass effektives Management Partnerschaft und Kommunikation bedeutet, was die Versuchung der absoluten Kontrolle und des Drucks von oben nach unten ausschließt, die für ein Unternehmen äußerst schädlich sind.Was zählt sind Investitionen in wertvolle Menschen, in Fachkräfte durch fortlaufende Schulungen, Entwicklung ihrer Motivation und die Steigerung ihres Verantwortungsbewusstseins durch kohärente Aufgaben, die an jeden Arbeitsbereich angepasst sind.
Was sind die wichtigsten Projekte, die Sie in der Eigenschaft als Vorsitzender des Hermannstädter Kreisrats durchführen möchten?
Die wichtigste Rolle, die der Kreisrat übernehmen muss, besteht darin, die Gemeinschaften des Kreises zu vereinen. Dieses Ziel ist erreichbar durch:
• Ein funktionsfähiges soziales und Gesundheitssystem;
• Ein leistungsstarkes Bildungssystem auf europäischem Niveau;
• Eine köhärente Strategie zur Anziehung großer nationaler und internationaler Investoren, die sichere und angemessen vergütete Arbeitsplätze schaffen;
• Ein modernes, sicheres und schnelles Straßennetz;
• Förderung der Kultur, des Kulturerbes, der Werte und der lokalen Traditionen;
• Unterstützung des lokalen Tourismus und seine Förderung auf nationaler und internationaler Ebene;
• Ständige Sorge bezüglich der Umwelt;
• Digitalisierung der Verwaltungsverfahren in den Bereichen Gesundheit und Bildung;
• Eine kontinuierliche dynamische Partnerschaft mit der Zivilgesellschaft, dem akademischen Umfeld und dem Wirtschaftsumfeld.
Zusammen mit dem DFDR-Team von Ratsmitgliedern nehmen wir an diesem Wahlkampf mit einem komplexen Projekt zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Kreises teil, mit klaren Zielen in jeder der wichtigen Richtungen: Industrie und Dienstleistungen, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Tourismus, Gesundheit, Bildung, Sozialhilfe, Kultur und Kulturerbe, Infrastruktur, Familie – Freizeit – Sport, Umwelt.
Im Juli haben Sie einen Fragebogen zur Lebensqualität an die Einwohner des Landkreises Sibiu gerichtet. Wie haben die Einwohner von Sibiu auf diese Umfrage geantwortet und welche Erwartungen haben sie diesbezüglich an die Behörden?
Es ist wahr, ich habe einen Fragebogen exklusiv online gestartet, in dem ich die Probleme identifizieren wollte, mit denen die Einwohner des Kreises Sibiu konfrontiert werden und die ihre Lebensqualität beeinträchtigen. Es ist der erste einer längeren Reihe, durch die ich von der Position des Vorsitzenden des Kreisrats aus ständigen Kontakt mit den Menschen aufnehmen und verfolgen werde, dass ihr Leben im Kreis „qualitatives Wachstum“ erreicht. Da der Fragebogen online verfügbar ist, wurde er von 590 Befragten ausgefüllt, was aus meiner Sicht schon ein Erfolg ist. Die Reaktionen waren ebenfalls sehr gut: Außer dem eigentlichen Ausfüllen der Antworten habe ich auch Feedback von Personen erhalten, die das Interesse, das ich gezeigt habe, geschätzt haben, und umgehend und objektiv reagiert haben. Erwähnenswert ist auch die Tatsache, dass, obwohl dieser Fragebogen anonym war und nur Informationen zu Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Umgebung/Wohnort angefordert wurden, es keine ironischen oder böswilligen Antworten gab, was bedeutet, dass der Dialog möglich ist und dass es Vertrauen gibt. Es gab auch Leute, die zögerten und sagten, dass „sowieso nichts Gutes für sie getan wird“, dass auch dieser Fragebogen, wie viele andere, in irgendeiner Schublade begraben bleiben und nutzlos sein wird. Ich weiß nicht, ob diese die Antworten letztendlich ausgefüllt haben, aber ich habe verstanden, dass die Menschen, die hier leben, sehr frustriert und misstrauisch sind. Aber dieser Zustand kann und muss behoben werden. Eine interessante Sache: Wenn man den Prozentsatz derjenigen, die sagen, dass ihr Lebensstandard gleich geblieben ist (33,3%), mit dem deren addiert, die sagen, dass es ihnen schlechter geht als vor 4 Jahren (14,2%) und mit 5% von denen, den es „viel schlechter“ geht, bekommt man fast den gleichen Prozentsatz wie den der Leute, die sagen, es geht ihnen besser (40,1%) oder „viel besser“ (10,1%). Die Schlussfolgerung? Hier müssen wir uns das Wohnumfeld ansehen: 4 Jahre lang stagnierte der Lebensstandard der Bevölkerung aus dem ländlichen Umfeld (78%) oder sank. Daher ist es selbstverständlich, Erwartungen an die lokalen Behörden zu haben, ebenso wie es selbstverständlich ist, Enttäuschungen zu haben, und diese Unzufriedenheit, die sie zum Ausdruck gebracht haben, wird für denjenigen, der der Vorsitzende des Kreisrats ist, ein Ausgangspunkt auf seiner Arbeitsagenda.
Übermitteln Sie bitte abschließend eine Botschaft an die Geschäftsgemeinschaft, die das DeBizz Magazine, die einzige deutschsprachige Wirtschaftszeitschrift in Rumänien, liest.
Es gibt viel zu sagen. Zunächst muss diese Gemeinschaft sich dessen bewusst sein, dass das Geschäftsumfeld eine wichtige Säule der rumänischen Wirtschaft werden muss, und hier meine ich nicht Großbetriebe allein, sondern alle kleinen und mittleren Unternehmen, die angesichts der Tatsache, dass der Staat ihnen finanzielle und insbesondere unbürokratische Entwicklungs-möglichkeiten bieten wird, aufsteigen können. Ich bin davon überzeugt, dass jeder Wirtschaftssektor, in dem durch EU-Mittel und ausländische Investitionen, durch gut ausgebildete Menschen, ein System, auf dem die lokale Wirtschaft basiert, unterstützt werden kann. Die Verwaltung muss einen echten Anreiz geben. Sie ist dazu verpflichtet, regionsspezifische Gelegenheiten zu identifizieren und die notwendigen Voraussetzungen für ein gesundes Geschäftsumfeld, das für alle zugänglich ist, zu schaffen. „Die Leute mögen bezweifeln, was Sie sagen, aber sie werden glauben, was Sie tun“. (Lewis Cass)
Ein Interview von Ioan Dornescu
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