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Banken vor stressiger Zukunft

2015 war ein ausgezeichnetes Geschäftsjahr für die meisten rumänischen Banken – und die Zeichen für 2016 standen noch großartiger.

Seit 2010 leidete die Branche stark an den Folgen der internationalen Finanzkrise, die sich später zu einer Schuldenkrise entwickelte. Es waren schwere Jahre für die Banken, die die Rechnung für eine leichtfertige Kreditpolitik mit Verlusten und negativen Renditen bezahlten. Die Krise war Ende 2008 zwar international schon ausgebrochen, doch im Dezember 2008 legten die rumänischen Banken noch einen Gewinn von 4,4 Milliarden RON vor – bei einem Kurs von 3.9 RON/EUR. Im kommenden Jahr sackten die Gewinne auf nur 815 Millionen RON ab, dann ging es nur noch talwärts. Im Dezember 2014 erreichte die Bankwirtschaft den Tiefpunkt: fast 4,7 Milliarden RON Verlust wurden registriert. Hinter den schlechten Zahlen steckte aber eine Menge Aufarbeitung. Den Geldhäusern gelang es, ihre Bilanzen wieder zu verbessern – sie stießen fragwürdige Kredite ab, optimierten das Geschäft, bauten Filialen und das entsprechende Personal ab. Dem auf Banknachrichten spezialisierten Onlinedienst bancherul.ro teilte die Zentralbank auf Anfrage mit, dass die Anzahl der Filialen landesweit zwischen 2008 und 2015 von über 6500 auf unter 5000 reduziert wurde. Mehr als 15 Tausend Beschäftigte wurden entlassen. Notleidende Kredite, die nicht weiter verkauft werden konnten, wurden offen anerkannt und mit Risikorücklagen abgesichert. Die Rosskur wirkte – und das zeigte sich an der Entwicklung wichtiger Indikatoren im Jahr 2015.

So stieg zum Beispiel nach Daten der rumänischen Zentralbank BNR die Solvabilität von annähernd 14 Prozent im September 2013 auf über 19 Prozent Ende letzten Jahres. Das Gesamtvermögen der Banken stieg kontinuierlich und erreichte im Dezember 2015 über 377 Milliarden Euro. Auch die Renditen der Vermögen und des Eigenkapitals verbesserten sich merklich.

Der nach der Methode der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde in London berechnete Anteil notleidender Kredite – umgangssprachlich auch faule Kredite genannt – am gesamten Portfolio verringerte sich in diesem Zeitraum von fast 22 Prozent auf unter 14 Prozent.

Vor diesem Hintergrund fielen die Geschäftsergebnisse für das Jahr 2015 hervorragend aus. Banker sprechen sogar vom besten Jahr seit der Wende. Auf fast 4,9 Milliarden RON summierten sich in der Tat die Gewinne in der gesamten Branche. Einzelne Akteure konnten ihren Profit sogar verzehnfachen.

Zudem verteilen sich die Gewinne auf weniger Bankhäuser als bisher. Im Verlauf der letzten Jahre verschwanden gleich mehrere von der Bildfläche: RBS (Royal Bank of Scotland) verkaufte Teile ihres Geschäfts an UniCredit und zog sich vom Markt zurück. Bank of Cyprus wurde Opfer des Runs auf zypriotische Banken im Kontext des umstrittenen Bail-Ins im März 2013. Das Rumänien-Geschäft der portugiesischen Millenium Bank wurde von der hiesigen Filiale der ungarischen OTP-Bank verschluckt. Das prominenteste Geschäft war aber die Übernahme der Volksbank durch die mehrheitlich rumänische Banca Transilvania für über 700 Millionen Euro.

Einer der treibenden Faktoren für die positive Entwicklung war das Kreditgeschäft im Retailbereich. Die Gesamtsumme der Kredite an rumänische Haushalte stieg zwischen Dezember 2014 und Dezember 2015 von rund 102 Milliarden RON auf fast 108 Milliarden RON. Dabei bauten die Banken ihre riskanteren Kredite in Euro und anderen Währungen zurück und zogen mehr Kunden für Kredite in der Landeswährung an. Das Gewicht verlagerte sich dabei von Konsumkrediten auf Immobilienkredite.

Kein Wunder, dass Banker ein ebenso, wenn nicht besseres Jahr 2016 erwarteten. Und in der Tat verloren die Banken im ersten Quartal leicht an Vermögen (von 377 auf 370 Milliarden RON), doch die Gewinne lagen mit fast 1,2 Milliarden RON offensichtlich höher als im ersten Quartal von 2015 (885 Millionen RON).

Die Partystimmung trübte aber das Mitte letzten Monat in Kraft getretene extrem umstrittene Gesetz zur Leistung an Erfüllungs statt, nach dem in Zahlungsnot geratene Kreditnehmer ihre Immobilien an die jeweilige Bank zurückgeben dürfen, um so die Gesamtschuld zu tilgen. In Frage kommen dabei Kredite in einer Höhe von bis zu 250 Tausend Euro, die mit einer Hypothek garantiert wurden – egal ob der Kredit für eine Immobilie aufgenommen wurde oder zu Konsumzwecken – und auch dann, wenn eine Zwangsvollstreckung gerade läuft. Im Vorfeld des Doppelwahljahres 2016 (Kommunalwahlen im Juni, Parlamentswahlen im Herbst) schien es für Politiker lohnenswert, gegen Banken vorzugehen. Die Kreditgeber haben kein besonders gutes Image; Konsumenten werfen ihnen vor, im Kreditwahn vor der Krise ihre Position missbraucht und zu hohe Provisionen und Zinsen berechnet zu haben. Für viele Menschen wurden die Raten unbezahlbar – und inzwischen sind die Immobilien weniger wert als beim Kaufmoment, als sowohl Zinsen wie auch Preise extrem hoch waren. Mit dem neuen Gesetz wird das Preisverfallsrisiko auf die Bank gewälzt. Wurde bis jetzt ein Schuldner zahlungsunfähig, nahm ihm die Bank die Wohnung weg – pfändete aber bis zum Kreditwert auch Konten und andere Vermögenswerte. Jetzt gibt er die Immobilie an die Bank zurück und ist seine Schulden auf einen Schlag los. Die Bank kann die Immobilie zwar verkaufen, wird dafür aber nur einen Teil des Kredits wieder einfahren. Das ist für die Branche eine völlig neue Risikosituation, die sie offenbar noch verdauen muss.

Aber Risiken kosten. Im Vergleich zur Situation in Europa ist in Rumänien der Anteil der notleidenden Kredite schon jetzt mehr als doppelt so hoch (Europa: rund sechs Prozent/Rumänien: fast 14 Prozent). Deshalb liegt auch der Absicherungsgrad solcher Kredite durch Risikorückstellungen mit 58 Prozent deutlich höher als der europäische Durchschnitt von 44 Prozent. Wie sich die neue Lage auf das Geschäft auswirken wird, kann nur schwer berechnet werden. In einem Worst-Case-Szenario der Zentralbank würden alle Kunden, deren Immobilie weniger wert ist als sie zurückzahlen müssen, vom Gesetz Gebrauch machen. Das würde zu einem Verlust von insgesamt 2,8 Milliarden RON führen, rechnete die Zentralbank vor. Der Großteil dieser Verluste wurde auf die großen Akteure wie BCR (Erste Bank), BRD (Société Générale), Banca Transilvania Raiffeisen oder UniCredit entfallen – zusammen halten sie im Moment rund 60 Prozent des Gesamtvermögens aller Banken in Rumänien. Die Notenbank, die Verbände der Banken, aber auch internationale Partner wie die EU-Kommission warnten vergeblich vor der Verabschiedung dieses Gesetzes, das in der Sicht der Experten Verträge rückwirkend verändert und deshalb womöglich verfassungswidrig sein könnte. Kompromissvorschläge lehnten die Politiker ab. Sie beriefen sich zwar auf ein ähnliches Gesetz in Spanien, weigerten sich aber, es – wie eben dort – weitgehend auf echte Sozialfälle zu begrenzen. Banker wandten ironisch ein, dass Menschen mit Krediten von einer Viertel Million Euro schwerlich als schutzbedürftig gelten könnten. Die Bürger stellten sich in diesem Konflikt eher auf die Seite der sonst auch eher unbeliebten Politiker – dabei spielten wohl auch Informationen eine Rolle, dass Banken eher faule Kredite paketweise zu Spottpreisen veräußern, als sich mit den in Bedrängnis geratenen Kunden auf leichter ertragbare Konditionen zu einigen. Ein weiteres Argument in der Diskussion war, dass rumänische Banken im europäischen Vergleich höhere Kapitalrenditen haben – und also ruhig abspecken könnten.

Auf die Banken kommt aber ein weiteres Debakel zu. In diesem Herbst soll eine europäische Richtlinie in Kraft treten, die das Ergebnis der großen Banken maßgeblich beeinflusst. Anders als Verordnungen, die unmittelbar gelten, steht den Mitgliedstaaten offen, wie sie Richtlinien in nationales Recht umsetzen. Der vor zwei Jahren verabschiedete Text der Richtlinie 92 über die so genannte Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten hält Staaten an, für angemessene Gebühren im Regelverkehr der Kleinkunden zu sorgen. Rumänien hat sich in dem vom Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf einer Vorschrift für die härtestmögliche Variante entschieden – also überhaupt keine Gebühren. Prozentual halten sich zwar solche Kontogebühren bei den meisten Banken in Grenzen und um Kunden anzuwerben haben einige Kredithäuser aus eigener Initiative verzichtet, ihnen die kleinen Beträge in Rechnung zu stellen. Aber Banken mit vielen Kleinkunden entgeht dennoch ein gutes Geschäft, falls die extreme Variante auch tatsächlich zur Geltung kommt. Betroffen wären zum Beispiel die Gebühren für die Kontoverwaltung, für Auszüge, Geldüberweisungen, oder für die Geldentnahme aus den Automaten. Höher taxiert werden heute besonders Operationen am Schalter. Die Banken wird die Beseitigung solcher Gebühren unterschiedlich stark treffen, daher ist ist es kompliziert, die möglichen Verluste der Branche insgesamt zu berechnen.

von Alex Gröblacher

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