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Grenzen der Vernunft

Leute, die beruflich mit Wirtschaft zu tun haben – Manager, Journalisten, auch Professoren – verfallen immer wieder der Versuchung, sie als exakte Wissenschaft zu behandeln. Aber auch wenn sich ökonomische Prozesse oft in mathematische Formeln ausdrücken lassen, sind nicht physikalische Gesetze am Werk, bei denen Input I unter Einwirkung der Kraft K unveränderlich Output O produziert. Denn nicht immer handeln die Akteure der Wirtschaft nach den Vorgaben der Vernunft – und die Verhaltensökonomik hat herausgefunden, dass das sogar in den wenigsten Fällen zutrifft.

In die Falle der Annahme eines logischen Ablaufs bin ich selbst getappt, als ich hier im Oktober 2014 die Prognose riskiert hatte, dass die US-Firma Uber sich in Bukarest nicht werde behaupten können. Asche auf mein Haupt – es war ein Fehler. Nicht nur hat Uber in Bukarest erfolgreich Wurzeln geschlagen; sondern die Firma fasst langsam Fuß in anderen Städten wie Klausenburg, Temeswar oder Kronstadt.

In der Tat schien Uber nach allen Kriterien der Logik sehr schlechte Karten zu haben. Auch wenn Uber-Fahrer einen Wettbewerbsvorteil haben – sie bezahlen keine Lizenzgebühren und keine Extraversicherung – stellte sich doch eine Kernfrage: Wer würde umständlich ein Auto über eine Smartphone-App bestellen, wenn an der Ecke jede Menge billigere Taxis stehen?

In Wirklichkeit hatte ich nicht mit der unvernünftigen Reaktion der Taxibranche gerechnet. Wie erwartet kam es zu Auseinandersetzungen, Taxifahrer zeigten die Konkurrenten bei der Polizei an. Es wäre aber auch vernünftig gewesen, dass Taxifahrer sich anhören, was die Konkurrenz von Uber anzubieten hat und sich anpassen. Dass Chauffeure sich also anstrengen, freundlicher zu den Fahrgästen zu sein, die Musik etwas leiser drehen, bei älteren Kunden auch mal aussteigen und die Tür aufhalten, ihre Autos sauberer halten.

Ganz überraschend traf jedoch genau das Umgekehrte ein: die Bukarester Cabbies reagierten frustriert auf die als ungerechte empfundene Situation am Taximarkt und ließen ihren Ärger an den Kunden ab – immer mehrere von ihnen verweigerten den Fahrdienst über kürzere Strecken, behandelten Kunden herablassend, verlangten ihnen gleich von Anfang den vierfachen Kilometerpreis.

Das vergraulte die Kunden und trieb sie scharenweise zu Uber. Der US-Anbieter baute sein Angebot noch weiter aus: man kann jetzt Taxis im Voraus bestellen und in Kronstadt gibt es Festpreise bis nach Schulerau ins Schigebiet, um die freche Touristenabzocke zu verhindern. Genau darauf scheinen Kunden zu achten – es geht nicht nur um den Betrag, sondern ums Prinzip. Viele sagen auch, dass sie es bei üblichen Fahrtkosten von – sagen wir – 10 RON vorziehen, 30 RON an Uber zu bezahlen als 20 RON an einen Taxifahrer, der eine starke Nachfrage zu einem bestimmten Zeitpunkt ausschlachten will.

Ich weiß nicht, wie die finanzielle Lage von Uber Romania ist, ob die Firma Verluste schreibt oder bereits die Gewinnschwelle überschritten hat. Die Beobachtungen sind empirischer Natur. Aber sie zeigen, wie man sich irren kann, wenn man nur der Logik vertraut.

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