Salesianer
Kremsmueller
CEO CLUBS-EXECUTIVE CLUB-OWNERS CLUB

Klaus Iohannis: Rumänien kann sich nicht mehr leisten, Schlusslicht in Europa zu sein

Ein Interview mit Klaus Iohannis, von Daniel Apostol

veröffentlicht in der Druckversion der DeBizz Ausgabe 104.

DeBizz: Nach einer Umfrage vom 16. September 2014 kommen Notenbankchef Mugur Isarescu, Ministerpräsident Victor Ponta und Klaus Iohannis auf die besten Vertrauenswerte (die Umfrage wurde von INSCOP Research im Auftrag der Tageszeitung „Adevarul“ durchgeführt). Die beste Position nimmt Isarescu ein (40,2% der Bürger haben sehr großes Vertrauen in den Zentralbanker, im Vergleich zu 41,2% im Juli). Victor Ponta bleibt auf Platz zwei mit 37,4% (im Vergleich zu 37,3% im Juli), gefolgt von Klaus Johannis mit 34% (im Vergleich zu 35,9% in der Juli-Umfrage). Woher kommt Ihrer Meinung nach dieses Vertrauen der Rumänen in Sie?

Klaus Iohannis: Meine Visitenkarte ist in Rumänien gut bekannt, seit 14 Jahren ist mein Name mit Sibiu verbunden. Ich bin stolz, dass mich die Leute nicht nur kennen, weil ich eine öffentliche Persönlichkeit bin, sondern auch aufgrund meiner Leistungen, für den Aufschwung unserer Stadt – ein Erfolg, den ich zusammen mit den Rumänen erzielt habe.

Auf der anderen Seite kenne ich die Daten und die Methodik der erwähnten Umfrage nicht genau, aber in den Umfragen, die ich kenne, beträgt der Unterschied zwischen mir und Herrn Ponta nur wenige Prozente und dieser Unterschied wird immer kleiner.

Aus diesem Grund versuchen Herr Ponta und seine Sozialdemokratische Partei (PSD) Vorteile durch unrechtmäßige Verfahren zu erhalten. Ich kann Ihnen nur zwei Beispiele geben: Die Regierung unter Victor Ponta hat nur wenige Wochen vor dem Wahltermin das Wahlgesetz per Dringlichkeitsverordnung geändert. Dadurch werden Betrugsversuche möglich. Ein zweites Beispiel ist, dass die Regierung ebenfalls mittels Dringlichkeitsverordnung den gewählten Kommunalpolitikern die Möglichkeit gegeben hat, ihre Partei zu wechseln, obwohl 2006 eine Reform der Kommunalverwaltung stattgefunden hat.

All dieses, weil Herr Ponta wahrscheinlich hofft, sich die Unterstützung möglichst vieler lokaler Mandatsträgern zu sichern. Allein diese beiden wichtigen Versuche, die Rechtsvorschriften zu ändern, werfen ernste Fragen über die Vorbereitung der Wahlen durch die Regierung auf.

DeBizz: Warum haben Sie sich entschieden, die langjährige Karriere in der Kommunalverwaltung, wo Sie einen guten Eindruck gemacht haben, aufzugeben und die politische Auseinandersetzung für ein Rennen um das Präsidentenamt zu akzeptieren?

Klaus Iohannis: Gerade das Vertrauen, dass ich ein Erfolgsmodell wie das von Sibiu für das ganze Land umsetzen kann, ist der Hauptgrund, weshalb ich in das Wahlrennen für die Präsidentschaft angetreten habe. Ich habe durch Taten bewiesen, dass ich Dinge zum Besseren verändern kann. Zunächst in Sibiu; ab November bin ich dann bereit, dies für ganz Rumänien zu tun. Ich vermag es, den Bürgern neue Hoffnung zu geben, dass dies auch möglich ist. Ich bin überzeugt, dass Rumänien mehr kann, dass man in Rumänien besser leben kann. Und wenn ich dieses behaupte, stütze ich mich auf einen Entwurf für das ganze Land, der das politische Programm darstellt, welches ich den Rumänen vorschlage. Ich verlange den Bürgern nicht, mir ihre Stimme aufgrund leerer Versprechungen zu geben, sondern auf der Grundlage der Vision eines Jahrzehnts von Wohlstand und Rechtsstaatlichkeit.

Ich trete vor die rumänischen Bürger mit einem neuen Politikmodell für das Präsidentschaftsamt: Respekt, Kompetenz und Ergebnisse.

Ich denke, dass ein Vierteljahrhundert nach der Revolution die Zeit für einen Neuanfang in Rumänien gekommen ist. Ich bin der Meinung, dass der Präsident Orientierung geben muss und unser Land hat es mehr denn je nötig, dass der im Herbst gewählte Präsident dazu fähig ist.

DeBizz: Welche relevanten Lektionen als Bürgermeister von Sibiu können Sie umsetzen, falls Sie zum Präsidenten des Landes gewählt werden?

Klaus Iohannis: Ich sehe mein Mandat als Bürgermeister von Sibiu als einen Vertrag zwischen mir und den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt. Sibiu ist somit ein transparentes Partnerschaftsmodell zwischen dem Bürgermeister und den Bürgern. Ich schlage eine ähnliche Partnerschaft für das ganze Land vor, dieses Mal zwischen dem Präsidenten und allen Rumänen.

Sibiu hat sich wirklich entwickelt, als die Menschen verstanden haben, dass es eine Verwaltung gibt, die für sie und nicht für private Interessen arbeitet. Wir haben in Sibiu bewiesen, dass Investitionen herangezogen und Arbeitsplätze geschaffen werden können, dass Kultur, Kunst und Bildung erfolgreich gefördert werden können. Als ich im Jahr 2000 Bürgermeister von Sibiu geworden bin, war diese Stadt nicht erheblich von anderen Städten zu unterscheiden. Die riesige Arbeitslosenquote von über 12% war damals ein dringendes Problem für Sibiu. Aufgrund der Investitionen und einer effizienten Verwaltung ist die Arbeitslosigkeit in wenigen Jahren zu einer reinen Erinnerung geworden.

Das Modell Sibiu ist vor allem ein Beispiel für die Fähigkeit zum Wandel. Ich möchte mich auf Sibiu nicht nur aufgrund der administrativen Leistungen beziehen. Sibiu ist der konkrete Beweis, dass Politik auch anders gemacht werden kann, so dass im Endeffekt alle Bürger gewinnen. Und das beabsichtige ich in Bukarest und im ganzen Land zu tun, um eine Veränderung zu bewirken, um den Rumänen das Vertrauen wiederzugeben, dass die Politik für sie und nicht im Interesse einer Klientel oder bestimmter Interessengruppen gemacht wird.

DeBizz: Wie stehen Sie zu Unternehmen mit in- und ausländischem Kapital?

Klaus Iohannis: Das Geschäftsklima in Rumänien leidet immer noch an erheblichen Defiziten, im Vergleich zu den entwickelten Ländern der Europäischen Union. Drei Faktoren sind vor allem betroffen: der Schutz des Eigentums, die Korruption und die Steuern. Leider bleibt unser Land ein Meister der Bürokratie und solange wir nicht die Behördengänge minimieren, kann Rumänien die Attraktivität des Geschäftsklimas nicht steigern. Um die Wirtschaft zu unterstützen, hat die Nationalliberale Partei (PNL) bereits eine Reihe von Steuervergünstigungen im Investitionsbereich und gesetzgeberische Maßnahmen vorgeschlagen. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Rumänien verbessert werden. Wir müssen die Dinge bewegen, Rumänien kann sich nicht mehr leisten, Schlusslicht in Europa zu sein.

DeBizz: Wie sollte sich ein Präsident gegenüber ausländischen Investoren und rumänischen Unternehmern verhalten?

Klaus Iohannis: Ich glaube, dass Rumänien sich diesem Problem sehr ernst zuwenden muss. Es ist mir gelungen, viele ausländische Investoren nach Sibiu zu bringen, was Arbeitsplätze geschaffen und zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit geführt hat. Ausländische Investoren wünschen sich von Rumänien Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit ohne Korruption. Das ist der einzige Weg, um sie zu Investitionen in unser Land zu überzeugen. Das gleiche gilt für rumänische Unternehmer. Der Präsident muss derjenige sein, der die Rechtsstaatlichkeit gewährleistet und er kann somit Rumänien zu einem seriösen, zuverlässigen Partner für die Wirtschaft machen.

DeBizz: Welche Rolle sollte Ihrer Meinung nach der Staat bei der Gestaltung des Geschäftsumfelds einnehmen?

Klaus Iohannis: Meiner Meinung nach ist die Hauptaufgabe des Staates, möglichst klare Rechtsvorschriften zu schaffen, die einen allgemeinen Rahmen festlegen, in dem die wirtschaftlichen und finanziellen Aktivitäten stattfinden können. Der Staat sollte die Wirtschaft nicht durch eine zu betonte Anwesenheit oder durch Überregulierung abwürgen. Aber der Staat hat ebenfalls die Pflicht gegenüber den Bürgern, für die ordnungsgemäße Arbeit der Kontrollbehörden zu sorgen, damit ein echter Wettbewerb garantiert wird. Bezüglich der gegenwärtigen Situation in Rumänien, glaube ich, dass das Hauptproblem die Bürokratie und Überregulierung aufgrund einer schwerfälligen Rechtslage ist. Darüber hinaus ändern sich die Steuervorschriften so oft, dass bei den Investoren ein Gefühl der Unsicherheit und Instabilität entstehen. Das muss sich ändern, wenn wir wollen, dass Rumänien attraktiv für die Geschäftsleute wird.

DeBizz: Auf welche liberalen Prinzipien ist nach Ihrer Auffassung im Verhältnis zwischen Staat und Steuerzahlern, zwischen Staat und Investoren und Unternehmen, unbedingt zu achten?

Klaus Iohannis: An erster Stelle liegt für mich der Respekt für jede Art von Eigentum, mit besonderer Aufmerksamkeit für das geistige Eigentum. Sehr wichtig ist dann die Ermutigung des freien Unternehmertums durch eine kohärente Politik, welche gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen sichert. Diese sind wiederum für die Förderung des Geschäftsumfelds wichtig.

DeBizz: Was können Sie als Präsident des Landes für den Wiederaufschwung der Wirtschaft tun? Welche Rolle sollte Ihrer Meinung nach der Präsident Rumäniens in diesem Zusammenhang spielen?

Klaus Iohannis: Der Präsident hat im rumänischen politischen System keine direkte Verantwortung in Bezug auf wirtschaftliche Probleme. Allerdings ist seine Rolle nicht unerheblich und ich werde erklären, was ich damit meine. Der Präsident kann durch sein Verhalten einen Faktor der Stabilität und Glaubwürdigkeit darstellen. In den letzten Jahren haben die politischen Auseinandersetzungen, an denen der gegenwärtige Präsident von Rumänien beteiligt war, Krisen erzeugt, die auch das Vertrauen der Wähler beeinträchtigt hat. Mein Präsidialmodell ist völlig anders.

Wenn ich die Wählerstimmen der Rumänen erhalte, werde ich als Präsident eine Vermittlerrolle wahrnehmen und ein Faktor der inneren Beständigkeit sein. Darüber hinaus werde ich auf die Einhaltung echter Gewaltenteilung und auf die Unabhängigkeit der Justiz achten. Korruption ist eines der Phänomene, das der Wirtschaft Sorgen bereitet und das als erstes bewältigt werden muss.

DeBizz: Welcher größten Bedrohung setzen Sie sich durch ihre Kandidatur für das Amt des Präsidenten aus?

Klaus Iohannis: Ich glaube nicht, dass ich Gefahren ausgesetzt bin, aber es ist mir klar, dass meine Gegner mich für einen starken Kontrahenten halten. Als Beweis dafür stehen die Angriffe gegen mich im Wahlkampf – völlig falsche Anschuldigungen. Leider hat uns der Vorwahlkampf nicht den eigentlichen Wert der Kandidaten offenbart, sondern uns gezeigt, dass einige Kandidaten nur politische Schlammschlachten im Sinn haben, aber keine konkreten Projekte für Rumänien und für ein wohlhabendes Rumänien. Ich wünsche mir einen zivilisierten Wahlkampf. Ich habe ein Projekt für Rumänien, eine klare Vision, wie Rumänien nach den Wahlen im November aussehen wird. Darüber will ich im Wahlkampf sprechen und nicht in irgendwelchen Politlabors erfundene und verleumderische Anschuldigungen widerlegen müssen.

DeBizz: Welches sind die wichtigsten Gegenargumente, die man Ihnen entgegenbringen wird? Wo liegen Ihre Schwächen?

Klaus Iohannis: Eigentlich glaube ich nicht, dass meine Gegner feste Gegenargumente haben, um meine Projekte zu kritisieren. Ich haben übrigens von ihnen keine Vorschläge oder Projekte für Rumänien vernommen. Alles beschränkt sich auf den politischen Kleinkampf. Allerdings ist einer der Kritikpunkte, den ich von meinen Gegnern höre, dass sie mich nicht kennen, dass sie nicht wissen, wer ich eigentlich bin. Ich stimme ihnen zu. So ist es, ich bin ihnen unbekannt. Ich gehöre nicht zu der Gruppe von Politikern, die sich in den letzten zehn, fünfzehn Jahren immer wieder im Kreis der Macht gedreht haben.

Ich habe meine Karriere nicht aufgebaut, um immer in der Nähe des gerade aktuellen politischen Anführers zu sein. Für mich war es genug, dass die Bürger von Sibiu mich sehr gut erkennen – vor allem an meinen Leistungen. Ich wünsche mir, dass mich die Rumänen kennenlernen. Nur ihre Meinung ist mir wichtig.

DeBizz: Welche ist Ihre Botschaft an die Wirtschaft? Warum sollten Sie die Stimmen der rumänischen und ausländischen Geschäftsleute bekommen?

Klaus Iohannis: Ich kenne die Probleme sehr gut, mit denen sich Rumänien konfrontiert hat und immer noch konfrontiert. Ich kann den Geschäftsleuten nicht versprechen, dass ich alle Probleme lösen werde, denn einige von ihnen gehören nicht zu den Zuständigkeiten des Präsidenten. Aber ich versichere ihnen, dass ich aufmerksam sein werde, um für ein berechenbares und stabiles wirtschaftliches Umfeld, sowie maximale Transparenz der staatlichen Entscheidungen zu sorgen. Meine Botschaft an sie ist, Vertrauen zu haben und weiterhin zu investieren, denn die Ergebnisse werden ohne Verzögerung erscheinen.

Meine Vision für Rumänien ist langfristig; der Wohlstand nimmt dabei einen wichtigen Stellenwert ein. Wohlstand ist aber ohne ein gesundes Geschäftsumfeld und ohne eine starke Entwicklung des Mittelstandes nicht möglich. Ich schlage den Geschäftsleuten vor, mir beizustehen, um gemeinsam in Rumänien eine wettbewerbsfähige Wirtschaft und eine entwickelte Gesellschaft zu etablieren.

Share

Share

Top